Die 60 Teilnehmer/-innen - mit internationaler Beteiligung von England bis Russland - kamen am Donnerstag, 17.3. in den Genuß einer eindrücklichen Präsentation: Unter dem Titel „wie fadendünn und brüchig die geistige Schicht ist" – Paul Kehr und die MGH am Beginn des NS-Regimes trugen Dr. Karel Hruza und Dr. Hedwig Munscheck-von Pölnitz mit verteilten Rollen ihre Forschungsergebnisse und Quellentexte vor. Untersucht wurden die Auswirkungen der gesetzlichen Maßnahmen der Regierung Hitler aus dem Jahr 1933 auf die Institution MGH, deren langjährigen Vorsitzenden Paul Kehr und die jüdischen Mitarbeiter/-innen der MGH. Die Korrespondenz zwischen den MGH und Behörden wurde ebenso analysiert wie die private Korrespondenz von Kehr. Zur Beantwortung von Fragen hinsichtlich Resistenz gegenüber den Anordnungen des NS-Regimes und Hinweisen auf Antisemitismus wurden weitere kontextuelle Quellen herangezogen. Die ausführlichen Quellenzitate verdeutlichten die Komplexität der Vorgänge und zeigten einmal mehr, dass pauschale Urteile den tatsächlichen Umständen nicht gerecht werden können. Das gewonnene Bild war durchaus überraschend und fordert zu weiteren Forschungen auf.
Die Video-Aufzeichnung dieses Vortrags wird wie die vorangegangenen Vorträge zur Geschichte der Mittelalterforschung im Lauf der kommenden Wochen auf der Wissenschaftsplattform L.I.S.A. der Gerda-Henkel-Stiftung veröffentlicht werden: https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/mgh
Die Audio-Aufzeichnung wird ab Anfang April hier zur Verfügung stehen: https://www.mgh.de/de/die-mgh/geschichte-der-mgh/vortraege-und-tondokumente
Dr. Karel Hruza, MAS, studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Konstanz und Wien und ist Absolvent des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung in Wien. Neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit als Mediävist am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien widmet er sich wissenschaftsgeschichtlichen Themen des 19. und 20. Jahrhunderts. Er ist Herausgeber des dreibändigen Werkes „Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945“ (2008–2019).
Dr. Hedwig Munscheck-Freifrau von Pölnitz studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Kunstgeschichte und Historische Hilfswissenschaften in Passau und Bonn. Als Historikerin erforscht sie die Biografien ihres Urgroßvaters Paul Kehr und seines Vaters, des Pädagogen Karl Kehr (1830–1885). Für die MGH bereitet sie aktuell die Edition des als „Liber Vitae Pauli Fridolini Kehr“ betitelten Notizbuchs vor, das im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz zu Berlin im privaten Nachlass Paul Kehrs verwahrt wird.