15. Mai 2013, München, Historicum 001, 18 Uhr
Nach den Vorträgen des Symposions zur Ausstellungseröffnung "Bayern und die Monumenta Germaniae Historica" im Januar stand auch dieser Abendvortrag im Zeichen der Institutsgeschichte der MGH. Er fand im Rahmen des Kolloquiums zur mittelalterlichen Geschichte der LMU München unter Leitung von Prof. Dr. Knut Görich statt.
Prof. Dr. Folker Reichert stellte den Gelehrten Carl Erdmann (17. November 1898 - 7. März 1945) vor, einen der wichtigsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts und Mitarbeiter der Abteilung Epistolae bei den MGH zwischen 1934 und 1945.
Carl Erdmanns Profil habe vor allem eine Internationalität ausgezeichnet, die sich zum einen in seinen Lebens- und Arbeitsstationen Portugal und Italien, zum anderen aber auch in der Wahl "europäischer" Forschungsthemen in Zeiten eines "Hypernationalismus" gezeigt habe. So habe er auch immer wieder einige nach dem Ersten Weltkrieg wenig populäre Themen wie die Papstgeschichte bearbeitet. Außerdem sei er keiner Schule zuzuordnen gewesen. Da eine Berufung auf einen universitären Lehrstuhl durch seine nachdrücklich und deutlich geäußerte Ablehnung des Nationalsozialismus verhindert worden sei, habe er nach der endgültigen Verdrängung aus der Universität, die MGH als "Refugium" begriffen. Denn trotz der Schwierigkeiten mit den MGH-Präsidenten und finanziellen Unsicherheiten habe Erdmann seine seit 1934 bestehende Anstellung dort als Möglichkeit verstanden und auch akzeptiert, relativ frei zu forschen und zu publizieren. Neben seiner Habilitationsschrift "Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens", einem Klassiker der Kreuzzugsforschung, leistete Erdmann mit den während dieser Zeit entstandenen, zahlreichen Editionen wichtige Grundlagenarbeit für die moderne Geschichtswissenschaft.
Neben dem Kreis der Kolloquiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MGH und war auch wieder eine erfreulich große Anzahl von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der LMU München vertreten. Ergänzt wurde die mit über 40 Zuhörerinnen und Zuhörern sehr gut besuchte Runde durch Verwandte Carl Erdmanns, die vor allem in der an den Vortrag anschließenden Diskussion bereichernde Kommentare zu Carl Erdmann als Privatperson und Gelehrtem einbrachten.
(Karoline Döring)