18. Mai - 26. Juni 2012, Innsbruck, Tiroler Landesbibliothek
Bei der von Johannes Fried angestoßenen Debatte um eine Neubewertung der Ereignisse vor und nach Canossa spielt das sog. "Königsberger Fragment" eine große Rolle. Es wurde in einem Band der Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg entdeckt und von Oswald Holder-Egger (19.8.1851-1.11.1911), dem gewählten, aber nicht bestätigten Vorsitzenden der damaligen Zentraldirektion der MGH im "Neuen Archiv" publiziert (NA 31.1906, S. 183-193). Das Original ist seit 1945 verschollen.
Vor dem Historischen Lesesaal der Landesbibliothek Tirol wurden in einer großen Vitrine Dokumente aus der Arbeit und Bücher aus der Bibliothek von Holder-Egger gezeigt; vier Einzelvitrinen im Eingangsbereich stellten auf Preußen bezogene Handschriften und alte Drucke sowie Originalrelikte aus altpreußischen Bibliotheken (u.a. aus Königsberg und Danzig) vor.
Die Ausstellung in Innsbruck wurde veranstaltet im Rahmen der Internationalen Jahrestagung der Historischen Kommission für Ost- und Westpreussische Landesforschung, die in diesem Jahr unter dem Motto "Preußenland und Italien" stand und vom 17. bis 20. Mai 2012 stattfand. Die Ausstellung wurde vom Direktor der Tiroler Landesbibliothek, Herrn Hofrat Dr. Martin Wieser, zusammen mit unserem Bibliotheks- und Archivleiter, Prof. Dr. Arno Mentzel-Reuters, im Rahmen eines kleinen Empfangs in der LB Tirol eröffnet.
"Canossa und Königsberg" ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Begegnung. Eines der wichtigsten Dokumente des großen Dramas vom Januar 1077 wurde in einer Handschrift der Königsberger Staats- und Universitätsbibliothek entdeckt und 1906 von Oswald Holder-Egger (19.8.1851-1.11.1911) ediert. Seine Bedeutung für das Verständnis der Ereignisse vor und in der Burg der Mathilde von Tuszien, wo König und Papst einander gegenübertraten, ist durch die Arbeiten von Johannes Fried seit einigen Jahren Gegenstand heftiger Diskussionen.
Das Fragment und Holder-Eggers Vorarbeiten sind verloren. Erhalten haben sich aber zahlreiche Arbeitspapiere aus Holder-Eggers Nachlass im Archiv der MGH und seine private Handbibliothek in der MGH-Bibliothek. Sie werden in einer kleinen, aber anschaulichen Auswahl hier vorgestellt, angereichert mit anderen Stücken zur altpreußischen Geschichte. Gezeigt wird nicht, was der alltäglichen wissenschaftlichen Arbeit dient, sondern die verstreuten einzigartigen Stücke, die in die Münchner Bestände gerieten.
Die Monumenta Germaniae Historica und die Historische Kommission für Ost- und Westpreußische Landesforschung möchten mit dieser Ausstellung auf den Beitrag des Preußenlandes zur deutschen Kultur- und Geistesgeschichte hinweisen und die Wege kenntlich machen, die es uns trotz der Katastrophen des 20. Jahrhunderts noch ermöglichen, Überraschendes zu suchen und finden - bisweilen an Orten, wo es niemand vermutet hätte.
Zur Ausstellung erscheint ein kleiner bebilderter Katalog, der über die Bibliothek der MGH bestellt werden kann.34 S., einfache Ausgabe A 5 EUR 3,-; Vorzugsausgabe A 4 auf Hochglanzpapier: 35 EUR.
(Arno Mentzel-Reuters)