Sammlung des jüdischen Mediävisten jetzt in der MGH-Bibliothek benutzbar
1939 mußte der wegen seiner jüdischen Abstammung mit Berufsverbot belegte Bonner Mediävist Wilhelm Levison (1876-1947) nach Durham flüchten, konnte aber seine Bibliothek mitnehmen. Teile daraus wurden nach seinem Tod 1947 dem Seminar für mittelalterliche Geschichte in Bonn übergeben. Eine umfangreiche Sammlung von Kleinschriften verblieb in Durham, fand aber 2016 den Weg zu den MGH. Das ist nicht nur mediävistisch eine Bereicherung: Sie stellt auch einen unschätzbaren Fundus von zeitgeschichtlichen Klein- und Gelegenheitsschriften und Sonderdrucken bis hin zu extrem raren Judaica bereit. Sie sind nunmehr im OPAC erschlossen und stehen zur Benutzung bereit.
Der Bonner Mediävist Wilhelm Levison (1876-1947) war 1931 zum Ehrendoktor der Universität Durham ernannt worden. Er wurde ab 1935 wegen seiner jüdischen Herkunft vom Lehrbetrieb in Bonn ausgeschlossen und mußte 1939 das Land verlassen. Er wanderte nach Durham aus und konnte seine Bibliothek mitnehmen. Bei seinem Tod vermachte er seinen Nachlaß der Universität Bonn [Nachlaßverzeichnis]; aus seiner Bibliothek konnte das Bonner Seminar für mittelalterliche Geschichte Titel für den Wiederaufbau seiner eigenen Bibliothek auswählen. Eine Sammlung von Kleinschriften verblieb in Durham. Sie wurde interimistisch inventarisiert, aber nie in den dortigen Bibliotheksbestand aufgenommen.
Durch Vermittlung des Zentraldirektors Prof. Dr. Matthias Becher (Bonn) wurde diese Sammlung 2016 an die MGH-Bibliothek übergeben. Nach Aussonderung von Dubletten verblieb ein Bestandszuwachs von 1001 Titeln, darunter 290 monographische Schriften. Die Themenschwerpunkte sind:
- mittelalterliche Geschichte,
- rheinische Landesgeschichte,
- Publikationen der Bonner Universität, vor allem der Historiker, aus den Jahren 1920-1939,
- Gelegenheits- und Streitschriften aus dem Ersten Weltkrieg vor allem zur Kriegsschuldfrage und zur Rolle Deutschlands in der Welt (bis hin zu Alfred Rosenberg)
- überregional kaum nachweisbare Judaica.
Die Schriften werden in einer gesonderten Aufstellung verwahrt (Signatur Xl), stehen aber für die reguläre Benutzung und den Dokumentlieferdienst zur Verfügung.