Aktuelles | 11. Mai. 2022

Arno Borst-Stipendium erstmals vergeben

Die sächsische Annalistik des Hochmittelalters. Interdependenzen – editorische Desiderata – Quellenwert (Kurzexposé der Stipendiatin Theresa Sanzenbacher)


Nicht nur ihr Eigengut, sondern auch ihre häufig kompilatorische Machart, durch die heute nicht mehr selbstständig tradierte Werke greifbar werden, begründet den Quellenwert der mittelalterlichen  Historiographie. Als ein besonders lohnenswertes, aber auch methodisch herausforderndes Untersuchungsfeld gilt hierbei seit langem die sächsische Annalistik des Hochmittelalters. In diesem geographisch wie temporal eingrenzbaren Bereich wurden seitens der bisherigen Forschung bereits viele Abhängigkeitsverhältnisse verschiedenen Intensitätsgrades zwischen den unterschiedlichen Quellen identifiziert und auch editorisch fruchtbar gemacht. So beispielsweise durch die textliche Rekonstruktion der Paderborner Annalen und der Annales Ilsineburgenses aus ihren jeweiligen Vorlagen und Ableitungen. Darüber hinaus haben vor allem die Untersuchungen von Klaus Naß zur Reichschronik des Annalista Saxo, zur heute nicht mehr erhaltenen Chronica Saxonum sowie zur Geschichtsschreibung im Umfeld Heinrichs des Löwen ein klareres Bild von den Textabhängigkeiten und dem Stellenwert von heute in selbstständiger Überlieferung verlorenen Werken gezeichnet.


Eine Gesamtanalyse der tradierten wie der nur sekundär erschließbaren historiographischen Produkte aus dem sächsischen Raum im Hochmittelalter fehlt jedoch bislang. Hier setzt das Forschungsvorhaben mit Fokus auf die Annalistik an mit dem Ziel, die primäre wie die sekundäre Überlieferung einer gründlichen Gesamtuntersuchung zu unterziehen, um die Abhängigkeitsverhältnisse systematisch zu klären und editorische Desiderata aufzuzeigen. Das verspricht zugleich näheren Aufschluss über den jeweiligen Quellenwert der einzelnen Jahrbücher. Da in der sächsischen Annalistik des Hochmittelalters wiederholt die Frutolf-/Ekkehard-Chronik als Vorlage benutzt wurde und die hochmittelalterliche sächsische Annalistik in der Weltchronik des Dietrich Engelhus (gest. 1434) rezipiert wurde, schließt das Projekt unmittelbar an aktuelle Editionsvorhaben im Programm der MGH an.