Die Verurteilung der Franziskanerspiritualen Giovanni di Castiglione und Francesco d'Arquata (Studien und Texte 64) XVIII und 136 S. 8°. 2018. ISBN 978-3-447-10968-0geb. EUR 35, -
Im Jahre 1354 fand an der päpstlichen Kurie in Avignon ein Ketzerprozeß statt, der in vieler Hinsicht bemerkenswert ist. Allein schon das Ergebnis entsprach offensichtlich nicht den Vorstellungen der Kurie. Obwohl die Angeklagten auf den Scheiterhaufen gebracht wurden, scheint das nicht eigentlich die Absicht der Prozeßführenden gewesen zu sein. Diese hatten vielmehr erwartet, daß die Angeklagten von ihren als häretisch qualifizierten Vorstellungen Abschied nehmen und die Kurie nicht mehr in Frage stellen würden. Der Konflikt schwelte zwischen einem radikal-spiritualistischen Zweig des Franziskanerordens und den Päpsten in der Nachfolge Johannes' XXII. um die kontroverstheologische Frage, wie arm Christus und die Apostel gewesen wären und wie arm man infolgedessen selbst sein müsse, wollte man ihren Spuren folgen. Die Franziskanerspritualen verfolgten da einen sehr radikalen Kurs, den sie sich aber durch den Franziskanerpapst Nikolaus III. hatten absegnen lassen. Als dessen Nachfolger Johannes XXII. die Entscheidung seines Vorgängers revidierte, eskalierte der Konflikt. Die Spiritualen verweigerten den Gehorsam und die Kurie griff zur Waffe der Häretisierung, was Hunderte von Franziskanern das Leben kostete. Wir wissen ihre Namen zu einem Gutteil aus den Materialien der hier erstmals kritisch edierten Prozeßmaterie, die sich in einem der letzten Verfahren mit diesen Punkt beschäftigte.