Zwei Tage nach Weihnachten verstarb in Waidhofen an der Ybbs Prof. Dr. Walter Koch, seit 1997 persönlich gewähltes Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica und an die 50 Jahre als Editor für die Diplomata-Reihe der staufischen Herrscher tätig.
Dass es ihm gesundheitlich nicht mehr gut ging, zeigte sich besonders im Juni 2019, als Walter Koch die ihm für seine Verdienste um die MGH verliehene Freiherr vom Stein-Medaille nicht mehr selbst entgegennehmen konnte, genausowenig wie im Herbst 2018 den Preis der Göppinger Staufergesellschaft.
Das wissenschaftliche Lebenswerk von Walter Koch ist eng mit den MGH verbunden: Bereits im Jahresbericht 1970/71 des Interimspräsidenten Hermann Krause wird er als einer der beiden unverzichtbaren Mitarbeiter von Heinrich Appelt bei der Herausgabe der Urkunden Friedrich Barbarossas genannt. In den Jahresberichten von Horst Fuhrmann 1972/73 bis 1993/1994 spürt man immer wieder den großen Respekt des Präsidenten vor der unermüdlichen und großen Arbeitsleistung von Walter Koch. Formulierungen wie "wirksam unterstützt", "ergebnisreiche Kanzleigeschichte", "ein die Texte eindringlich erschließendes Wort- und Sachregister" zum ersten Band der Barbarossa-Urkunden, dessen termingerechtes Erscheinen ebenfalls gewürdigt wurde, seien hier nur als Beispiele genannt.
An der absoluten Zuverlässigkeit dieses Editors änderte sich auch nichts, als er 1982 den Ruf auf den Lehrstuhl für Historische Hilfswissenschaften in München annahm. 1983 beantragte Walter Koch bei der Zentraldirektion als neues Projekt die Herausgabe der Urkunden Kaiser Friedrichs II., obwohl die Ausgabe der Urkunden Friedrichs Barbarossas, die seiner Mitarbeit weiterhin bedurfte, noch nicht abgeschlossen war. "Ein Unternehmen besonderen Formats" nannte Fuhrmann angesichts des zu erwartenden Umfangs - inzwischen sind über 2.600 Urkunden zusammengetragen - dieses Projekt und hätte sicherlich skeptisch bis ablehnend reagiert, wenn der Antrag nicht von Walter Koch gekommen wäre, dem man die erfolgreiche Bewältigung dieser großen Aufgabe zutrauen konnte.
Das Vertrauen in die Leistungen dieses Editors war mehr als berechtigt. In den kommenden Jahren konnte man in jedem Jahresbericht von den überaus planmäßigen Vorbereitungen wie Materialsichtung, Bibliotheksreisen oder Einarbeitung von Mitarbeitern in das Projekt lesen. Zum 1. Januar 1990 wurde die Ausgabe der Urkunden Friedrichs II. dann als Projekt von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München übernommen, zu deren ordentlichem Mitglied Walter Koch 1993 gewählt wurde.
Mit großer Zuverlässigkeit erschienen ab 2002 der Reihe nach die Diplomata-Bände mit den Urkunden Friedrichs II. Derzeit ist der sechste Band mit den Urkundennummern 1200 bis 1463 für den Zeitraum von Juli 1226 bis Dezember 1231 in Druck. Kein Wunder also, dass dieses Projekt alle Evaluierungen erfolgreich bestand und problemlos als Langzeitprojekt etabliert wurde.
Dass diese enorme Leistung neben einem ungeheuren Arbeitspensum von Walter Koch selbst auch eine sehr gute Mitarbeiterschulung und Zusammenarbeit erforderte, sowie einen hocheffizienten Workflow für die Erarbeitung der Bände, versteht sich eigentlich von selbst. Die Besonderheit dieses Editionsunternehmens bestand darüber hinaus in dem sehr engen persönlichen Verhältnis, dass sich über die Jahrzehnte der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern entwickelte. Für Außenstehende war immer der große Respekt wie auch die enge persönliche Verbundenheit Walter Kochs mit seinen Mitarbeitern, allen voran Klaus Höflinger, Joachim Spiegel und Christian Friedl, zu spüren, die bereits seit 35, 30 bzw. 20 Jahren das Unternehmen zusammen mit ihm trugen; gerade in den letzten Jahren haben sie die Verbindung zwischen München und Waidhofen aufrechterhalten.
Aber nicht nur die Editionen der Urkunden Friedrich Barbarossas und Friedrichs II. sind mit Walter Koch verbunden. Als einer der führenden deutschsprachigen Epigraphiker hat er für die MGH mehrfach den Forschungsstand in der mittelalterlichen Epigraphik in Hilfsmittelbänden präsentiert, die nach wie vor nachgefragt werden; auch diese Tätigkeit in Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern.
Zu erwähnen ist auch, wie Walter Koch unterstützend und beratend jüngeren Editorinnen und Editoren zur Seite stand, so beispielsweise den Editorinnen der Urkunden Philipps von Schwaben und Ottos IV. Wer ihn dabei beobachtete oder zuhörte, merkte, dass ihm dies viel Freude machte. Walter Koch verfügte über Charme und einen verschmitzten Humor und versuchte den Kontakt zu halten, auch als er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so oft aus Waidhofen nach München kommen konnte. Wenn er kam, ging er in die Akademie und zu den MGH und besuchte diejenigen, mit denen er seit Jahren durch seine Projekte verbunden war.
Nicht vergessen werden darf Inge Irene Janda, Walter Kochs Ehefrau, die liebevoll-besorgt und mit viel Energie und Tatkraft seinen Alltag organisierte, der sich bis vor wenigen Jahren zwischen München, Waidhofen und Wien abspielte. Mit ihr teilte er die Begeisterung für (Fern-)Reisen, so lange dies möglich war, und schätzte ihre wunderbare Kochkunst, in deren Genuss zahlreiche Gäste bei privaten Einladungen oder Empfängen kamen. Auch bei seinen wissenschaftlichen Anliegen unterstützte Inge Janda ihren Mann. Wer Walter Kochs Vortrag im Jahr 2004 zum 150-jährigen Jubiläum des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung miterlebt hat, bei dem seine Frau für die Photos und die Power-Point-Präsentation verantwortlich war, wird diesen humorvollen gemeinsamen Auftritt sicher nie vergessen.
Die Monumenta Germaniae Historica haben mit Walter Koch einen ihrer bedeutendsten Editoren verloren, dessen Mammutprojekt nun von seinen Mitarbeitern vollendet werden muss, die er dafür bestens vorbereitet hat. Die MGH werden Walter Koch ein ehrendes Andenken bewahren.
Martina Hartmann