Auf Grundlage eines digital erschlossenen, vielfältigen Bestandes an Korrespondenz (ca. 500 Dokumente) werden die MGH, das Collegium Carolinum und die Historische Kommission 2021 im Rahmen des Kompetenzverbundes Historische Wissenschaften München Gelehrtennetzwerke aus dem 20. Jahrhundert für die Forschung wie auch für die interessierte Öffentlichkeit digital zugänglich machen. Der umfangreiche Bestand an Dokumenten wird unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erschlossen. In einem Online-Workshop Ende November glichen die Projektmitarbeitenden sowie die Leitungen der beteiligten Forschungseinrichtungen ihre Arbeitsstände ab. Schlagworte, erweiterte Kontextsuche, Verlinkung in Referenzwerke wie die Deutsche Biographie online werden die Recherche zu Wissenschaftspersönlichkeiten und ihren Netzwerken erleichtern. In Planung sind außerdem Einführungstexte zu den jeweiligen Themen und kurze Biogramme zu den erfassten Personen.
Prof. Dr. Martin Schulze Wessel, Vorsitzender des Collegium Carolinum, fasste die Motivation für dieses Projekt zusammen: „Das Projekt ‚Korrespondierende Wissenschaft‘ hat sich zum Ziel gesetzt, anhand der Vorgeschichte der beteiligten Institutionen die Wissenskultur der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft auf übergreifender Ebene zu rekonstruieren und dabei zugleich personelle wie thematische Zusammenhänge mit computergestützten Methoden zu analysieren und darzustellen.“ Im Einzelnen wird vom Collegium Carolinum die Korrespondenz der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ und deren Folgeorganisationen bis 1945 bearbeitet, von den MGH Korrespondenz im Zusammenhang mit dem „Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde“ und von der Historischen Kommission Korrespondenz zur Entstehung und Etablierung der „Neueren Deutschen Biographie“ (NDB) in der frühen Bundesrepublik.
Ein wichtiger Aspekt des Teilprojekts des Collegium Carolinum ist die Untersuchung von Strategien und Beziehungen der Akteure in verschiedenen politischen Systemen. Im MGH-Teilprojekt werden anhand der Umstrukturierung der MGH in ein „Reichsinstitut“ Mechanismen in der Geschichtswissenschaft während des NS-Regimes sichtbar gemacht. Das Teilprojekt der Historischen Kommission konzentriert sich auf die Zeit der Gründung und die ersten Jahre der Neuen Deutschen Biographie als enzyklopädisches Nachschlagewerk, an dessen Entstehung nahezu die gesamte historische Zunft Anteil hatte.
Prof. Dr. Bernhard Löffler, Sekretär der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wies auf die Herausforderungen hin, die mit der gemeinsamen Sicherstellung des Betriebs der Plattform verbunden sind. Da dürfe der Aufwand nicht unterschätzt werden. Prof. Dr. Martina Hartmann, Präsidentin der MGH und Vorsitzende des Kompetenzverbundes, betonte die Wichtigkeit der Fokussierung in Anbetracht der Massen an Material: „Der nächste Schritt muss die Befüllung der Datenbank mit einer kritischen Masse an Daten sein, damit Schlagwortstruktur, Visualisierung der Netzwerke und weitere Features erprobt und angepasst werden können.“
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im MGH-Teilprojekt siehe: https://www.mgh.de/blog/post/abgesagt-korrespondierende-wissenschaft-das-wissenschaftliche-feld-dreier-historischer-institute-in-munchen-378