In diesem Beitrag geht es um erfundene Autoren und Literaturangaben, zusammengeschusterte „wissenschaftliche“ Werke und Tausende von Veröffentlichungen eines Verlages, der für seine gebundenen Printausgaben rund 50 Euro kassiert und dessen Name editorische Kompetenz suggeriert.
Zunächst muteten bei Literaturrecherchen zur Karolingerzeit die Angaben zu diesen im Herbst 2024 erschienenen Büchern eigenartig an:
Luitpold Frenzel: Ludwig der Deutsche und die Geburtsstunde eines Reiches. Die politischen, kulturellen und militärischen Grundlagen des Ostfränkischen Reiches
Wilhelm G. Walther: Intrigen, Königswahl und Herrschaft: Die Machtkämpfe des Ostfränkischen Reiches. Von Ludwig dem Deutschen bis zur Konsolidierung der Macht
Über beide Autoren ließen sich weder in der Deutschen Nationalbibliothek noch in den Buchanzeigen im Online-Handel biographische Angaben finden. Fiktive Autorennamen – ist das möglich? Es kam noch besser. Die Veröffentlichung zu Ludwig dem Deutschen, im Online-Handel angepriesen als „eine unverzichtbare Lektüre für alle, die mehr über die Wurzeln des mittelalterlichen Europas und die Ursprünge des Heiligen Römischen Reiches erfahren möchten“, entpuppte sich als krude und unlogische Zusammensetzung teilweise sachlich falscher Textbausteine mit einem Fachvokabular, das kein Mediävist in dieser Weise auf das 9. Jahrhundert anwenden würde, mit erfundenen historischen Personen wie eine Tochter Ludwigs des Deutschen namens Hilda usw. Die Literaturverweise enthalten zahlreiche Titel mit erfundenen Verfassernamen, erfundenen Titeln sowie erfundene Veröffentlichungen verstorbener Mediävisten. Die stichprobenartige Überprüfung von Aufsatztiteln ließ einem im angegebenen Zeitschriftenband ins Leere laufen – die Aufsätze gibt es nicht.
Das Misstrauen war geweckt. Bei der Durchsicht weiterer Veröffentlichungen besagten Verlages ergab sich, dass sich die Werke gegenseitig zitieren, wobei der zitierte Text für die zwei oben genannten Bücher von „Luitpold Frenzel“ und „Wilhelm G. Walther“ jeweils wortgleich dem Werbetext im Online-Handel entspricht. Dabei werden die zwei Bücher von „Frenzel“ und „Walther“ auch in vielen anderen Veröffentlichungen des Verlags zitiert – und hier wird es absurd –, die laut ihrem im Online-Handel angegebenem Erscheinungsdatum früher erschienen waren als die zitierten.
„Dieses Werk verbindet spannende historische Erzählungen mit fundierten Analysen, die den Leser tief in die Zeit der Karolinger eintauchen lassen“, heißt es online in der Buchbeschreibung zu „Frenzels“ Werk über Ludwig den Deutschen. Dem kann nach der Lektüre nur vehement widersprochen werden. Zum Schluss bleibt die Feststellung: KI und Mittelalterforschung gehen nicht zusammen. Das Ergebnis taugt nur für den Papierkorb.
Liste einiger Veröffentlichungen, die die Werke von „Frenzel“ und „Walther“ zitieren